Verbindliche Entscheidungen treffen:
12 Methoden für Teams

Während der Ideenfindung hast du als Moderator*in Wert auf Quantität gelegt und Einschränkungen vertagt, um jedem noch so ungewöhnlichen Gedanken eine Chance zu geben, im Team geteilt zu werden.

 

Nach der kreativen Phase möchtest du nun die Anzahl der Optionen reduzieren, damit ihr euch im Workshop nicht verzettelt. Dazu, und für viele andere

  • Auswahl-,
  • Entscheidungs- und
  • Bewertungssituationen

wird in den meisten Workshops der Klassiker verwendet: Die Mehrpunktabfrage (Dot Voting). Das ist eine schnelle und einfache Methode zum Entscheiden oder Auswählen von Optionen. Doch es ist eben nur eine aus einer Vielzahl von Entscheidungsfindungsmethoden:

Jede dieser Methoden eignet sich je nach Art der Entscheidung unterschiedlich gut.

Die richtige Methode wählen – mit diesen 6 Kriterien

Damit du die passende Methode für die konkrete Entscheidung in deinem Workshop findest, solltest du sechs Kriterien berücksichtigen:

Hier bekommst du einen Überblick, welche Methoden sich für welche Art der Entscheidung besser oder weniger gut eignen.

Dauer

Wie viel Zeit steht zur Verfügung?

Einige Methoden sind innerhalb weniger Minuten durchführbar, während andere längere Diskussionen erfordern.

Die langwierigsten Methoden sind:


Form des Ergebnisses

Wie soll die Entscheidung aussehen?

Bei der Auswahl der Methode solltest du auch immer an den nächsten Schritt denken: Was soll mit dem Abstimmungsergebnis geschehen? Welche Form muss das Ergebnis deshalb haben?

Das Team hat sich für einen Gewinner entschieden

Soll es genau eine „Gewinnerin“ geben? Alle anderen Optionen werden dann nicht weiter verfolgt.

Alle Methoden außer

  • Konsentmethode
  • Fist to Five
  • "Jede*r nimmt 2 Favoriten mit"

sind dafür gut geeignet.

Prioritäten wurden im Workshop festgelegt

Geht es euch um eine Priorisierung, also darum, eine Reihenfolge der Wichtigkeit aller Optionen herzustellen?


Die Gruppe hat sich für eine festgelegte Zahl von Optionen entschieden

Soll eine bestimmte Anzahl von „besten“ oder von „schlechtesten“ Optionen weiterverfolgt bzw. von der Liste gestrichen werden?

Alle akzeptablen Vorschläge im Workshop

Geht es darum, alle akzeptablen Optionen „grünes Licht“ zu geben, egal wie viele das letztendlich sind?


Anzahl der Entscheider*innen

Wie groß ist die Gruppe?

Bei kleinen Teams können persönliche Diskussionen und Abstimmungen gut funktionieren, während bei größeren Gruppen eine strukturierte Stimmenabgabe effizienter ist.

Diese Methoden eignen sich nur für kleine Gruppen (bis 8 Personen):


Fragestellung

Ist die Fragestellung einfach oder komplex?

Simple Entweder-oder-Entscheidungen benötigen andere Ansätze als vielschichtige Themen.

Tragweite

Welche Auswirkungen hat die Entscheidung?

Entscheidungen mit hoher Tragweite verlangen nicht nur nach einer demokratischen Methode, sondern auch nach Transparenz über die Beweggründe der Anderen. Dagegen reichen bei weniger bedeutenden Entscheidungen einfachere Abstimmungs­verfahren aus, wenn die Schnelligkeit im Vordergrund steht.

Informationsstand

Wie gut sind die Teilnehmer*innen informiert?

Manche Methoden setzen ein gründliches Verständnis aller Optionen voraus, während andere auch bei geringerem Wissensstand eine sinnvolle Beteiligung ermöglichen.

Auch mit geringem Informationsstand der Teilnehmenden durchführbar:


12 Workshopmethoden zur Entscheidungsfindung

Es gibt also zahlreiche Methoden, die du nutzen kannst, um gemeinsam mit deinem Team zu einer Entscheidung zu kommen. Nachdem du die passende ausgewählt hast, beschreibe ich hier den Ablauf jeder dieser gängigen Techniken. So kannst du in deinen Workshops tragfähige Entscheidungen moderieren:

Mehrpunktabfrage (Dot Voting)

Demokratisch, aber „blind“

 

Sie ist eine der schnellsten Methoden, um Optionen zu bewerten. Jede*r Teilnehmer*in bekommt eine festgelegte Anzahl an Punkten, die sie auf verschiedene Optionen verteilen können. Das Ergebnis zeigt deutlich, welche Vorschläge die größte Zustimmung erhalten haben. Die Methode ist besonders effektiv, wenn du schnell einen Überblick über die Präferenzen der Gruppe gewinnen möchtest.

Mehrpunktabfrage, auch "Dot Voting" genannt

Auf der Seite Mehrpunktabfrage erfährst du mehr über den Ablauf und worauf du achten solltest, damit die Methode in deinem Workshop gelingt.

Kontentmethode

Informierte Entscheidung treffen

 

Um zunächst relevanten Informationen, Meinungen und Argumenten Gehör zu verschaffen, startet diese Entscheidungsmethode mit kurzen (30 – 60 Sekunden) Plädoyers durch jede*n Teilnehmende*n. Die am meisten bevorzugte (grün) und die unbeliebteste Option (rot) werden durch jede*n einzeln markiert, so dass ein Stimmungsbild entsteht. Danach wird die Entscheidung mit einer Mehrpunktabfrage getroffen. Die roten und grünen Punkte dienen nur der Information und werden nicht mitgezählt.

Konsensmethode

Diskutieren, bis die einstimmige Entscheidung steht

 

Ziel ist es, eine einstimmige Entscheidung zu treffen. Dies erfordert intensive Diskussionen, um alle Teilnehmer*innen ins Boot zu holen. Eine Methode, die zwar zeitaufwendig ist, aber zu einer hohen Akzeptanz der Entscheidung führt

Konsentmethode

Schwerwiegender Einwand vs. „Sicher genug, um es zu probieren?“

 

Im Gegensatz zum Konsens kann hier nur ein schwerwiegender Einwand eine Entscheidung stoppen, während kleinere Bedenken die Initiatoren nicht an der Umsetzung hindern sollen. Wer einen schwerwiegenden Einwand vorbringt, ist verpflichtet, einen konstruktiven Gegenvorschlag zu machen. Diese Methode fördert pragmatisches Handeln ohne langwierige Diskussionen.

Fist to Five

Von „Veto“ bis „perfekte Lösung“

 

Diese Entscheidungsmethode aus dem agilen Umfeld ist eine Verfeinerung des Konsentverfahrens. Jede*r Teilnehmer*in zeigt mit den Fingern die Zustimmung zu einer Option – von einer Faust (Veto) bis zu fünf Fingern (volle Zustimmung). Diese Methode bietet eine schnelle visuelle Rückmeldung und hilft, sehr früh im Prozess sehr schnell und einfach den Konsensgrad im Team einzuschätzen. Vorab einigt sich das Team, wie mit „Fäusten“ und eventuell auch „Ein-Finger-Handzeichen“ umzugehen ist: Gemäß der Konsentmethode (Einwand formulieren und Lösungsmöglichkeit anbieten) oder per Mehrheitsentscheid. Nach der Neuformulierung des Vorschlags gibt es eine zweite und entscheidende Runde.

Abstimmung per Handzeichen

Einfach und schnell

 

Alle Teilnehmer*innen haben eine Stimme, die sie per Handzeichen für eine Option abgeben können. Die relative Mehrheit entscheidet. Für einen fairen Prozess empfehle ich, die Stimmenthaltungen zuerst abzufragen und gegebenenfalls die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen zu prüfen.

Paarweiser Vergleich

Relative Rangordnung ohne Skala

 

Hier werden immer zwei Optionen direkt miteinander verglichen, um eine Rangordnung zu erstellen. Diese Methode ist nützlich, wenn viele Alternativen zur Auswahl stehen und die präzise Reihenfolge wichtiger ist, als das Maß der Zustimmung/Ablehnung.

 

Eine Variante der praktischen Durchführung sieht so aus, dass für jede Option eine Person die „Patenschaft“ übernimmt und sich alle möglichen 2-er Paarungen in kurzen (3 Minuten) Gesprächen treffen, so wie beim Speed-Dating. Am Ende des Gesprächs müssen 3 Klebepunkte einvernehmlich auf die beiden Optionen verteilt werden. Es kann also keinen „Gleichstand“ geben. Am Ende zählt die Gesamtzahl der eingesammelten Punkte.

Verschiebung in der Matrix

Schnell den Diskussionsbedarf erkennen

 

Diese Methode hilft, Optionen schnell und pragmatisch miteinander zu vergleichen. Als Grundlage dient eine zweidimensionale Matrix, zum Beispiel:

  • Eisenhower-Matrix (Dringlichkeit vs. Wichtigkeit),
  • Ansoff-Matrix ("neu für die Welt" vs. "neu für uns"),
  • Boston-Consulting-Matrix (Marktanteil vs. Marktwachstum),
  • Einfache Prioritätenmatrix (Aufwand vs. Auswirkung),

eine eindimensionale Darstellung wie das "Bull's-Eye-Diagramm" oder die MoSCoW-Matrix (Muss vs. Soll vs. Könnte vs. Nicht).

Vorlagen für kollektive Entscheidungsfindung in Miro

Miro und andere Online-Whiteboards bieten eine große Auswahl an Entscheidungsmatrizes als Vorlagen an, mit denen du viel Aufwand beim Vorbereiten deines Workshops sparen kannst.

 

Du forderst alle Teilnehmer*innen auf, die Karten mit den Optionen in der Matrix dorthin zu schieben, wo sie nach eigener Meinung hin gehören. Da dies für alle Teilnehmer*innen und alle Optionen gilt, kommt es nach einer gewissen Zeit zu einem gemischten Bild: Manche Optionen bleiben an einer Stelle liegen, andere bleiben in Bewegung: Sie werden durch Teilnehmende immer wieder hin- und zurückgeschoben. Als Moderator*in pausierst du an dieser Stelle den Prozess und lässt die Argumente austauschen:

  • zunächst die Beteiligten, die die Option an verschiedenen Stellen der Matrix sehen wollten

  • dann das gesamte Team, worauf man sich einigt.

Damit nutzt ihr die Zeit nur für wirklich kritische Meinungsverschiedenheiten. Optionen die schnell an der Stelle liegen blieben, bieten offensichtlich keinen Dissens.

 

Noten vergeben

Macht Clustern überflüssig

 

Jede*r gibt jeder Option eine „Note“ oder eine Anzahl von „Sternchen“, so wie ihr das aus Bewertungsportalen kennt. Am Ende entscheidet die Gesamtzahl (wenn alle Personen jede Option bewertet haben) oder die „Durchschnittsnote“ (wenn nicht jede Person jede Option bewerten konnte oder wollte). Dieses Verfahren ist - bei händischer Auswertung - aufwendig, vereint jedoch die Vorteile von Mehrpunktabfrage und paarweisem Vergleich.

Sternchen oder Noten vergeben im Online-Workshop

Die vom Online-Whiteboard Klaxoon angebotenen "Rating Questions" eignen sich für Noten oder Sternchen sehr gut.

„Jede*r nimmt 2 Favoriten mit“

Pragmatisch und engagierend

 

Hier entscheidet jede*r Teilnehmer*in, welche zwei (oder andere vorher festgelegte Zahl) Optionen für sie oder ihn am wichtigsten sind. Wenn die Auswahl mit der Entscheidung verbunden ist, genau an dieser Option weiter mitzuarbeiten (zum Beispiel in der nächsten Workshopphase), erhöht diese Entscheidungs­findungsmethode das persönliche Engagement. Da jede Option nur einmal „gezogen“ werden kann, ist diese Methode jedoch nicht demokratisch.

Entscheidungsmatrix mit Kriterien und Gewichtung

Die Entscheidung „aufdröseln“

 

Diese Methode zerlegt die Entscheidung in ihre einzelnen Kriterien, die auch unterschiedlich gewichtet sein können. So entsteht eine objektivere Grundlage für die finale Entscheidung. Die Matrix mit Kriterien - und gegebenenfalls Gewichtungen - kann

  • entweder von dir als Moderator*in vorbereitet

  • oder durch das Team erarbeitet

werden. Die Bewertung der einzelnen Kriterien könnt ihr mit der Mehrpunktfrage (dann mit verschiedenen Punktefarben!) oder mit Sternchen, beziehungsweise Noten vornehmen.

1-2-4-all

Ein Klassiker der Liberating Structures

Vorschläge werden erst alleine, dann zu zweit, dann zu viert und schließlich im Plenum entwickelt, diskutiert, neu formuliert und entschieden. Diese Methode sorgt für breites Engagement und ermöglicht es, verschiedene Perspektiven in den Entscheidungsprozess einzubeziehen.

Die richtigen Fragen stellen

Egal, welche Methode du wählst - gute Entscheidungen trefft ihr nur, wenn du die richtigen Fragen stellst. Auf keinen Fall solltest du die "Abkürzung" nehmen und die Teilnehmenden ohne Erklärungen direkt auf dem Brainstorming-Ergebnis Punkte verteilen lassen.

Fazit

Die Wahl der richtigen Entscheidungsmethode hängt von vielen Faktoren ab – von der Größe der Gruppe über die Komplexität der Fragestellung bis hin zur verfügbaren Zeit. Indem du die sechs Kriterien berücksichtigst und die passende Methode auswählst, stellst du sicher, dass dein Workshop effizient und zielführend bleibt.

Mehr Tipps für deine Moderation:

Vertieftes Bearbeiten im Workshop

Tiefer gehen: Welche Methoden ermöglichen vertieftes Bearbeiten statt nur Priorisieren?

Wie Dot Voting wirklich funktioniert

5 typische Fehler beim Dot Voting – und wie du sie vermeidest  - zeige ich im Video auf YouTube.


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