In der Literatur und im Internet gibt es zahlreiche Ratschläge, wie viele Punkte bei einer Mehrpunktabfrage (auch: "Dot Voting") an die Teilnehmenden auszuteilen sind. Um es vorwegzunehmen: Keine der vorgeschlagenen Daumenregeln ist falsch. Jede hat ihre Vorzüge und Nachteile. Wichtig ist, dass du dich bewusst für eine Methode entscheidest.
Auf dieser Seite möchte ich dir meine Formel verraten - und vor allem - wieso ich sie benutze. Wenn du die Erklärung lieber hören und sehen möchtest, springe direkt zum Video.
Die Formel lautet:
oder als grobe Näherung:
.
Das Ergebnis wird natürlich auf eine ganze Punktzahl aufgerundet.
Um ein klares, aussagekräftiges Abstimmungsergebnis zu erzielen, solltest du ausreichend viele Punkte verteilen.
Unklares Ergebnis
In der Regel möchtest du vermeiden, dass zwei oder mehr Optionen die gleiche Anzahl von Punkten bekommen und sich einen gemeinsamen Rang "teilen". Das heißt zunächst einmal: Je mehr Punkte, desto besser. Es können also nicht zu viele Punkte sein.
Doch, wie viel genau ist ausreichend? Dazu ein Modell: Für den theoretischen Fall, dass die Vorlieben von Option zu Option graduell abnehmen, müssten beim Dot Voting mindestens so viele Punkte zur Verfügung stehen, dass die jeweils nächst-bessere Option einen Punkt mehr erhält, als die vorherige.
Klares Ergebnis
Also 0 Punkte für die "letzte" Option und einen Punkt weniger, als es Optionen gibt, für die "beste" Option.
Die Addition dieser aufsteigenden Punkte-Reihe errechnet sich nach der Gaußschen Summenformel:
Unsere Punkte-Reihe beginnt bei 0 und reicht nur bis a-1 (für a = Anzahl der Optionen). Durch Einsetzen ergibt sich:
Um die gesamten Punkte gleichmäßig auf die Teilnehmer*innen zu verteilen, dividierst du noch durch die Anzahl der Personen:
Runde das Ergebnis auf die nächste ganze Zahl auf – schließlich möchtest du keine halben Klebepunkte verteilen. Und, wie oben geschrieben, es dürfen gern auch mehr Punkte sein. Insbesondere dann, wenn du relativ viele Teilnehmende hast und jedem die Möglichkeit einer differenzierten Aussage geben willst.
Wenn du das während deines Workshops nicht selbst ausrechnen willst, kannst du einfach den Klebepunkterechner benutzen. Schick dir am besten den Link auf dein Handy oder scanne den QR-Code ein. So hast du den Rechner auch im Präsenz-Workshop zur Hand.
Gerade, wenn du bisher eine der einfachen Daumenregeln verwendet hast, wird dich im konkreten Fall vielleicht das hohe Ergebnis meiner Punkteformel überraschen. So errechnest du zum Beispiel bei 28 Optionen und 9 Teilnehmer*innen 42 Punkte pro Person.
Sollst du nun wirklich 42 Punkte pro Person austeilen?
In meinen Workshops habe ich die Erfahrung gemacht, dass Teilnehmer*innen sehr gut auch mit mehr als 5 Klebepunkten zurechtkommen. Dabei hilft
Wenn du mit der Punkteformel oder dem Klebepunkterechner jedoch auf mehr als 20 Punkte kommst, solltest du das als Hinweis darauf sehen, dass die Anzahl der zur Verfügung stehenden Optionen eventuell zu groß ist. Dieses Phänomen wir auch als „choice overload“ bezeichnet.
Menschen fällt es schwer, eine große Anzahl von Möglichkeiten (wie die 28 im Beispiel) gleichzeitig gegeneinander abzuwägen. Sie suchen in solchen Situationen - oft unbewusst - Auswege, statt eine fundierte Entscheidung zu treffen. Das kann zum Beispiel dazu führen, dass an der Pinnwand die Option in Augenhöhe die meisten Punkte bekommt, weil sie bequem zu lesen ist. Solche Ergebnisse sehen von „außen“ völlig richtig aus, haben aber wenig Aussagekraft.
Daher solltest du die Anzahl der zu bewertenden Optionen kritisch hinterfragen und gegebenenfalls zunächst mit einer anderen Entscheidungsmethode reduzieren, bevor du mit dem Dot Voting beginnst.
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